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Roman wie ein Road Movie
Reinhard Lahme
Der Physiker und Aspekte-Literaturpreisträger Ulrich Woelk (geb. 1960) hat. nach „Freigang" (1990) und „Rückspiel" (1993) mit „Amerikanische Reise" seinen dritten Roman vorgelegt. Dieser entführt den Leser in ein road movie mit dramatischen Höhepunkten: Der freie Journalist Jan besucht seinen Freund Walter, der mit seiner Frau Kristin vor einigen Jahren nach Amerika ausgewandert ist. Kaum in New York angekommen, wird Jan in einen Ehestreit hineingezogen. Der Banker Walter kann nicht nachvollziehen, daß Kristin ihren Beruf als Mathematikerin an den Nagel gehängt und eine Galerie eröffnet hat. Plötzlich findet sich Jan mit Kristin im alten Buick auf einer einwöchigen Tour gen Westen wieder.
Highways und Motels ziehen an den beiden, zwischen denen sich eine Beziehung besonderer Art anbahnt, wie ein Film vorüber. Als sie unterwegs auf ein sympathisches Paar treffen, beschließen sie, gemeinsam im Monument Valley zu bleiben. Es ist der Tag, an dem der Komet Shoemaker-Levy auf den Jupiter kracht, an dem Jan und Kristin schließlich zueinander finden. Der zurückgebliebene Walter erfährt, daß ihn ein Kollege und Freund durch kriminelle Manipulationen um viel Geld und seine berufliche Reputation gebracht hat. Sein verzweifelter Anruf treibt Kristin und Jan zurück nach New York.
Ulrich Woelk erzeugt Lesespannung durch geschickte Brechung der Handlungsabläufe. So wird die Autoreise zur Mitte des nordamerikanischen Kontinents erst erzählt, als Jan nach der Rückkehr in einen Zusammenstoß mit jugendlichen Gangstern mit für ihn fatalen Folgen gerät. Mit literarischer Raffinesse zwingt der Autor zum Weiterlesen. Im knappen Epilog, der Walter und Kristin zwei Jahre später in Berlin zeigt, wird ein Lügengespinst aufgedeckt, das viele Dinge in einem anderen Licht erscheinen läßt. Kristins im Erzählzusammenhang kokett-lakonisch klingender Spruch „Wenn man unsere Generation irgendwann fragen wird: Wie war das Leben denn so?, werden wir antworten: Es „war okay", erhält im Nachhinein eine ganz andere Bedeutung.