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Neue Zürcher Zeitung
Buchjournal




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Kinderleichte Sternenkunde
Christian Dombrowski
Vielleicht wäre aus dem kleinen Johannes Kepler kein so brillanter Astrophysiker geworden, hätte seine Mutter ihn nicht im Herbst 1577 einmal aus dem Bett geholt, um ihm einen Kometen zu zeigen. Kepler war damals keine sechs Jahre alt, und an diesem Abend erwachte seine Leidenschaft für Astronomie ... Was dann wohl aus der sechsjährigen Stella einmal werden wird? So heißt die Tochter des Schriftstellers und Astronomen Ulrich Woelk, der nichts lieber tut, als ihre vielen Fragen zu den Vorgängen am Himmel zu beantworten.
Seine Gespräche mit ihr beschreibt er in einem Buch mit dem Titel "Sternenklar". Woelks große Gabe ist die Anschaulichkeit seiner Formulierungen. Astronomen von solchem Zuschnitt müsste es mehr geben. Solche Väter auch! Um die Relativität der Zeit verständlich zu machen, erfindet Woelk für Stella einen "Lichtgeschwindigkeitsläufer". Um ihr die Krümmung des vierdimensionalen Raumes zu erklären, knüpft er beim "raumverzaubernden Herrn Tur Tur" an, dem Scheinriesen aus "Jim Knopf". "Wenn Sterne ihre Energie verloren haben, stürzen sie in sich zusammen wie Regenschirme ohne Speichen", heißt es an einer Stelle. Und schon sieht man den Zusammenbruch am Ende eines Sternenlebens, aus dem die Neutronensterne hervorgehen, förmlich vor sich. Bei alldem ist Woelk sehr darauf bedacht, dass aus seiner Tochter keine "neunmalkluge Atheistin" wird. "Manchmal wünsche ich mir", schreibt er, "ich könnte den Weltraum noch einmal mit Stellas Augen sehen. Ich möchte noch einmal alles vergessen, was ich weiß, und einfach nur staunen." Ein Buch, das sprachlos macht angesichts der Größe und überirdischen Schönheit des Himmels.